Daten zu öffentlich Rechtlichen Talkshows
verfügbar machen, denn die gehören uns allen. Öffentliches Geld, öffentliche Daten!

Aktuell (Februar 2025) haben wir keine Daten. Nichts. Wenn wir eine Antwort auf die Frage: "Brauchen wir diese Talkshows wirklich?" gesellschaftlich informiert diskutieren wollen, brauchen wir Bürger*innen die nötigen Daten. Im übrigen kann die Betonung auf 'diese' oder 'Talkshows' liegen.

Welche Daten?

Auf den Webseiten der Formate von Markus Lanz, Maybrit Illner, Maischberger, Caren Miosga und Hart aber fair werden unterschiedliche Informationen (Sendungsbeschreibungen, Name, Informationen oder Aussagen von Talkenden oder Sendungslängen) veröffentlicht und die kann man speichern. Für technische Details oder wo genau die Daten herkommen, gibt es Datenauskünfte.

Hinweise zu den Grafiken

Die Grafiken beziehen sich auf den Zeitraum von Februar 2024 bis Februar 2025. Jede Grafik hat darunter eine kleines "Lesebeispiel zur Grafik". Manche Grafiken enthalten einen Button (“Seit Koalitionsbruch”), um den Datenzeitraum von Februar 2024 auf November 2024 umzuschalten. Lesebeispiele beziehen sich auf den ganzen Datenzeitraum.

Talkshow-Markt des ÖR

Erst mal die banalen Informationen: Lanz veröffentlicht drei, Maischberger zwei und Illner, Miosga und Hart aber fair jeweils ein Mal die Woche. Also teilt sich der Talkshow-Markt im öffentlich rechtlichen Rundfunk wie folgt auf:

Lesebeispiel zur Grafik: Markus Lanz veröffentlichte 122 Sendungen im Zeitraum zwischen Februar 2024 und Februar 2025.

In der Spitze kann es im ÖR vorkommen, dass in einem einzelnen Monat zwischen 1,2 und 1,5 Tage reine Sendungslänge an Talkshows aufgezeichnet und ausgestrahlt werden. Zum Vergleich wären das in einem Monat 3,5 bis 4,3 erste Staffeln von Squid Game. Die erste Staffel von Squid Game kommt auf 494 Minuten.
Im Sommer wird weniger geredet, hier wird Urlaub vom Sprechformat gemacht, während der Herbst die Talk-Hochsession zu sein scheint.

Lesebeispiel zur Grafik: September 2024 sendeten die fünf größten ÖR-Talkshows gemeinsam 2154 Minuten, das sind 35,9 Stunden oder 1,5 Tage Sendezeit. Den größten Anteil daran hat Markus Lanz, gefolgt von Maischberger, Hart aber fair und Miosga.

Parteibücher in Talkshows

Der Umgang mit der AfD ist auch in Talkshows ein Thema. Am Tag der bis dato größten Proteste in Deutschland gegen Rechts seit Januar 2024 (Correctiv-Recherche zu Remigration), am 02.02.2025, lädt Caren Miosga Alice Weidel in ihre Talkshow ein und gibt ihrem Weltbild Raum. Dieser Teil des Projekts soll helfen, den Ist-Zustand zu beschreiben, damit wir uns als Bürger*innen Gedanken machen können, wie das weiter geht oder ob wir diese Formate überhaupt brauchen.

Lesebeispiel zur Grafik: Die Grünen sind auf Platz 3 in der Sendung Maischberger und stellen 16% aller Politiker, die in der Sendung zwischen Februar 2024 und Februar 2025 eingeladen wurden.

Daten im Zeitraum seit Februar 2024

Die AfD kommt über das Jahr 2024 auf maximal 4% bei Caren Miosga. Etwas häufiger, obwohl jünger, kommt das BSW auf bis zu 8%, bzw 7% Anteil der politischen Vertreter*innen bei Hart aber fair. Doch in allen Formaten liegen SPD und CDU auf den ersten beiden Plätzen. Unabhängig vom Format kommen SPD und CDU/CSU gemeinsam auf 50% aller politischen Talker*innen.

Betrachtung seit Koalitionsburch

Betrachtet man nur den Zeitraum zwischen November 2024 und Februar 2025, kommt die AfD in fast jedem Format auf 7%. Hart aber fair bietet die ausgewogenste Darstellung der Parteien. Wobei die CSU keine Anteile hat. Die Gründe dafür sind nicht bekannt. Vielleicht wurden sie eingeladen und haben abgelehnt, vielleicht auch nicht. Während die CSU bei Hart aber fair zu kurz kommt, bekommt sie überraschend viel Raum bei Maybrit Illner. Gleichzeitig sind auch die Grünen häufig als Gegenpol bei Illner eingeladen. Etwas sehr unausgewogen gibt das ZDF bei Frau Illner 42% des politischen Raums in ihrer Sendung an die Union.

Wer spricht denn da?

Mit den Daten aus dem Projekt können wir uns ansehen, wer in den ÖR-Talkshow oft zu Wort kommt. Nachfolgend eine sortierte Liste der Top 20 Gäste über alle Shows. Die vollständige Grafik würde 0 Talkende umfassen, also werden nur die Top 20 dargestellt. Eine vollständige Liste wird bald durchsuchbar bereitgestellt. Inhaltlich sticht sofort Platz 1 Elmar Theveßen ins Auge. Der Fernsehjournalist vom ZDF ist Amerika-Korrospondent und führt die Rangliste fast ausschließlich durch Auftritte bei Markus Lanz an. Damit wird auch die erste Grafik noch einmal unterstützt und zeigt die Sendefrequenz, die dieses Format entwickelt hat.
Ebenso bemerkenswert, dass unter den Top 20 Talkenden nur eine einzige Person ist, die weder einer Partei zugehört, noch als Journalist*in arbeitet. Diese Person ist Carlo Marsala, der häufig als Militärexperte geladen wird, um geostrategische Überlegungen oder Situationen zu erklären. Wegen dem Ukraine-Krieg ein sehr gefragter Mann.

Lesebeispiel zur Grafik: Jede Zeile der Grafik entspricht einem Talkenden. Die Balken entsprechen den Formaten. Fabrige Kreise neben an den Namen zeigen die Farbe der Partei an. Jens Spahn ist also der Top Talkshow-Experte aus der CDU und trat sechs mal bei Lanz und drei mal bei Maybrit Illner auf.

Wie erwähnt, ist es schwierig alle Talkenden wie oben abzubilden. Also versuchen wir einen Überblick zu gewinnen. Dafür kann man alle Eingeladenen nach der Anzahl ihrer Auftritte (über alle Talkshows) gruppieren. Mit diesen Gruppen können wir jetzt sehen, wieviel Prozent der Talkenden wie häufig auftreten. Um das ganze zu vereinfachen, nehmen wir in der ersten Grafik alle Talkenden zusammen, die ein, zwei oder drei Mal zwischen Februar 2024 und Februar 2025 auftraten. Danach alle, die vier Mal oder häufiger die Gelegenheit hatten, in deutschen Talkshows zu sprechen.

Lesebeispiel zur Grafik: Jede Grafik zeigt die gleichen Daten, aber unterschiedliche Perspektiven. Jedes Rechteck beschreibt eine Gruppe von Talkenden anhand der Frequenz, also wie oft sie auftraten. Oben gibt das erste (helle) Rechteck an, das 59% aller Talkenden ein mal in einer Talkshow waren. Unten zeigt das erste Rechteck, dass 12% der Auftritte von Talkenden absolviert wurden, die insgesamt vier mal eingeladen waren.

Zuerst lässt sich zeigen, dass 60% der Talkenden nur ein einziges Mal auftreten konnten oder durften. Nimmt man alle Talkenden zusammen, die drei Mal oder seltener auftraten, sind das 82% aller Personen, die über ein Jahr auftraten, aber nur 49% der Auftritte ausmachen. Die andere Seite der Medallie sind alle, die vier mal oder häufiger auftraten. Das sind, wie man in der oberen Grafik sehen kann, nur 18% aller Talkenden. Diese 18% nehmen aber 51% alle Auftritte ein. Damit lässt sich nummerisch zeigen, dass es eine Minderheit ist, die sehr häufig ihre Meinung in die Öffentlichkeit tragen darf, während andere das entweder nicht wollen oder dürfen. In absoluten Zahlen sind es in einem Jahr gerade einmal 106 Personen, die diese 18% in allen 5 großen Talkshows ausmachen und 51% der insgesamt 0 Auftritte in deutschen Talkshows belegen.

Politiker*innen und Öffentlichkeitsarbeit

Wenn man die geladen Personen ihrer Tätigkeit nach in Gruppen einteilt, gewinnen wir einen Überblick über die Hintergründe der Talkenden. Die folgende Grafik zeigt Talkshow-Formate nach ARD und ZDF getrennt. So wird ein Vergleich zwischen den Sendern möglich.

Lesebeispiel zur Grafik: Jede Zeile entspricht einer Gruppe von Talkenden, die Farbe dem Talkformat und die Zahlen sind der prozentuale Anteil am Sender. Zum Beispiel entsprecht der Anteil aller Journalist*innen bei Maischberger 12,8% aller Talkender in der ARD.

Trotz kleiner Verschiebungen zwischen ARD und ZDF, zeigt sich ein ziemlich einheitliches Bild. Wenn man alle Balken der beiden stärksten Gruppen (Politik & Journalismus) zusammennimmt, entsprechen diese knapp 65% (ca. zwei Drittel) aller Talkenden ein. Damit teilen sich die übrigen 14 Gruppen 35% (ca. ein Drittel) der geladenen Plätze in den Talkshows. Polittalk als Format lebt von der tagesaktuellen Politik. Das politische Geschehen wird traditionell von Regierung, Opposition und Berichterstatter*innen für die Bevölkerung kommentiert. Es ist also logisch, dass nur ein Drittel der Expert*innen aus der Praxis besetzt wird.
Damit zeigt das Format allerdings auch seine größte Schwäche. Es ist nur schwer möglich, tiefere Zusammenhänge aus der Betrachtung von tages- oder wochenaktueller Berichterstattung zu erkennen. Der Detailgrad ist zu hoch. Würden die Proportionen etwas verschoben, könnten mehr Expert*innen eine Plattform bekommen. Damit würden Themen seltener in den politischen Grabenkämpfen und stärker anhand der Perspektiven von Expert*innen erkundet werden.