Ein wenig über Faktenchecks
Wie viele andere, war auch ich Ende Januar bzw. Anfang Februar oft auf der Straße demonstrieren. Gegen die Zusammenarbeit der CDU/CSU mit der AfD, Rechtsruck, ungleiche Behandlung von Menschen aufgrund ihrer Herkunft und gegen so Vieles mehr. Mein Telefon explodierte aber umso mehr, als an einem dieser Demowochenenden Caren Miosga eine Sendung mit Alice Weidel machte.
Zwischenanmerkung zu den Daten: Aus Gründen ... werden Code und Daten mit der Zeit zu Codeberg.org wandern. Der Code für diese Auswertung ist hier zu finden. Dort liegen auch die Rohdaten.
Seit dem interessierte mich, auch im Kontext der Wahldebatten, eine Frage: "Wie lange hat man wohl Zeit um als Redaktion einen Faktencheck nachzuliefern". Disclaimer: Ich habe nie in einer Redaktion gearbeitet und stelle keine Vermutungen über die Arbeit von FaktencheckerInnen an Die Antwort können also nur professionelle JournalistInnen final liefern. Mich hat es aber gereizt diese Frage auf der Basis von Daten zu beantworten. Wenn man ein wenig in der Bluesky- oder Mastodon-API herumstochert, kommt man tatsächlich schnell an Informationen und kann sich einen Überblick verschaffen:
Lesebeispiel zur Grafik: Ein Zeitstrahl zur Aufmerksamkeitsspanne von sozialen Medien (Bluesky & Mastodon). Jeder Strich ist ein Kommenar auf Bluesky. Im Fokus steht die Sendung von Caren Miosga, in der Alice Weidel eingeladen wurde. Die Sendung wurde um 22:15 Uhr am 2.2.2025 ausgestrahlt und dauerte eine Stunde. Der Faktencheck kam frühestens am nächsten Tag (3.2.) um 16 Uhr. Daten wurden für +- 2 Tage angefragt.
Die Sendung wurde um 22:15 Uhr ausgestrahlt, und hat eine Stunde gedauert. In diesem Bereich sind die meisten Kommentare getippt worden. Hier ist die Aufmerksamkeit also besonders hoch. Bis nach ca 2:00 Uhr hält sie weiter an und dünnt dann schnell aus. Erst ab 6 Uhr am Morgen beginnt der Zyklus, wenn auch abgeschwächt, wieder. Irre Erkenntnis: "Viele Menschen schlafen Nachts". Ab 6 Uhr beginnen Menschen wohl, Themen des Vortags, vielleicht auch mit Verspätung erneut zu kommentieren. Das geht mit niedriger Frequenz bis ca. 18 Uhr weiter. Der eingezeichnete Zeitpunkt der Veröffentlichung des Faktenchecks, ist die frühest anzunehmende Veröffentlichung. Sie beruht auf einer Anmerkung im Faktencheck selbst. Um ein Zitat von A. Weidel zu checken, musste die Redaktion von Miosga die NZZ konsultieren. "Auf Anfrage unserer Redaktion erklärte die NZZ Weidels Vorwurf zu prüfen. Bis Montagnachmittag, 16:00Uhr, lag unserer Redaktion noch kein Ergebnis vor" (Stand 6.3.2025).
Im Zeitstrahl kann man sehen wie das Aufmerksamtkeitspotential Stunde für Stunde geringer wird und zerfasert. In diesem konkreten Fall, kann man also davon ausgehen, das ein Faktencheck bis spätestens 6 bzw. 7 Uhr am Folgetag verfügbar sein sollte. Diese Zeit wäre nötig, um in die Aufmerksamkeitsspanne von sozialen Medien (hier Bluesky / Mastodon) vor zu dringen. Während die Sendung läuft ist ein vollständiger Faktencheck vermutlich nur mit ausreichenden Ressourcen möglich. Für jede dieser Shows einen "Live"-Faktencheck anzubieten wäre ziemlich aufwändig, aber sicher die einzige Garantie dafür zu sorgen, das potentiell gefährliches Gedankengut zumindest eingeordnet wird.
Soziale Medien sind nur ein Indikator für das Aufmerksamkeitspotential, das einem Faktencheck gewidmet wird. Die wichtigste Metrik wären die direkte Aufmerksamkeit für den Faktencheck selbst. Ob ein Faktencheck rechtzeitig veröffentlicht wird oder nicht, ist unerheblich wenn er ohnehin niemanden erreicht. Sendungen wie Maischberger oder Hart aber Fair verlinken auf der Webseite ihres Formats auf einen seperaten Faktencheck. Damit lassen sich die Klickzahlen bequem erheben. Wir kennen die Klickzahlen nicht und wir wissen nicht wer diese Klicks sind. Es existiert also die Möglichkeit, dass diese Fakten nie gelesen werden und lediglich redaktioneller Überhang sind.